Zwei Marathonis aus Köln in Bethlehem

Alles fing damit an, dass ich eines Tages eine Mail bekam von Winfried Preuschoff, einem Marathonläufer, der bereits über 30 Läufe hinter sich hatte. Er hatte meine Adresse in unserer Homepage entdeckt. Sein Anliegen: Er wollte seinen letzten (Halb-)Marathon aus Solidarität mit den Palästinenser*innen in Bethlehem laufen. Ob ich ihm behilflich sein könnte. Wir trafen uns sehr bald und stellten erst einmal fest, dass wir fast gleich alt waren, er einen Monat älter als ich, beide zum Zeitpunkt unseres Treffens noch78 Jahre.

Da ich schon immer laufe – wenn auch noch nie (Halb-)Marathon – konnte er mich schnell dazu animieren, mit ihm zusammen in Bethlehem den Halbmarathon zu absolvieren. Bis zum 22. März war es noch ein halbes Jahr Zeit. Ein bisschen Bammel hatte ich schon. Ich musste also üben, nicht nur eine Stunde laufen, sondern auch einmal in der Woche zwei Stunden.

Die Mauer begleitet die Laufstrecke

Ein schönes T-Shirt hatten wir schon – ein Geschenk der zwölf palästinensischen Marathonis, die wir im Herbst zum Köln-Marathon eingeladen hatten. Sie gehörten alle der Gruppe „Right to Movement“ an. Der Name ist zugleich Programm und hat in Palästina eine besondere Bedeutung. Denn in der Westbank werden die Palästinenser*innen durch Checkpoints, militärische Sperrgebiete, Naturreservate etc. in ihrer Mobilität und Bewegungsfreiheit behindert. Deshalb steht auf unserem T-Shirt unter dem Namen der Gruppe: „We run to tell another story“. Auf der Rückseite haben wir dann noch unser Emblem mit dem Dom und dem Stern drucken lassen.

Am 22. März um 6.30 Uhr ging es – nach einigen gemeinsamen Gymnastikübungen auf dem Platz vor der Geburtskirche – los. Die ersten 12 Kilometer waren nicht leicht, sie führten immer wieder aufwärts. Und viele Bethlehemer*innen wussten mit uns Läufer*innen nichts anzufangen. So alt ist der Lauf in Bethlehem noch nicht. Aber wir hatten unseren Spaß, besonders, als die Bethlehemer Marathonis, die teilweise schneller als wir oder noch nicht gelaufen waren, uns begeistert kurz vor dem Ziel begrüßten.

Jedermann ist dabei

Das schöne an diesem Lauf war unsere Begegnung auf Augenhöhe. Die palästinensischen Marathonis sind in Köln gelaufen, und wir haben hier schöne Tage mit ihnen verlebt. Und nun sind wir aus Köln zu ihnen gekommen – es sind außer uns Läufern noch weitere Mitglieder unseres Vereins mitgefahren – wir sind mit ihnen zusammen gelaufen und haben mit ihnen zusammengesessen und gemeinsame Pläne für die kommende Zeit geschmiedet. So macht Partnerschaft einfach Spaß. Sie bewegt nicht nur die Beine, sondern auch die Herzen.

Michael Kellner

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