Bürgerreisen

Was ist Bethlehem mehr als Krippe und Weihnachtsgeschichte? Wie sieht es dort aus, wo Christen aus aller Welt hin pilgern? Bei unseren Bürgerreisen erfahren wir die kulturelle und landschaftliche Vielfalt, aber auch die geopolitische Situation. Begegnungen mit Menschen und Organisationen lassen uns konkret erfahren, wie das Leben dort gelingt. Die letzten Reisen fanden 2015, 2016 und 2018 statt. Der Domstein von 2010 auf dem Madbasseh-Platz ist ein Zeichen der beständigen Partnerschaft zwischen Köln & Bethlehem.

Mit einer weiteren Reise des Vereins vom Mo 23. April bis Do 03. Mai 2018 waren wir wieder mit 18 Personen in Bethlehem, um die Stadt und das Land zu bereisen. Wir besuchten in Bethlehem unter anderem das Ghirass Kulturzenrum, das Banksy-Hotel, Ma’an lil Hayat oder wanderten durch blühnde Olivenbaum-Gärten nach Battir (Weltkulturerbe). Besuche und Gespräche in Hebron (Youth Against Settlements) und in Jerusalem (grassroots Jerusalem) sowie in Ramallah (Darwish-Museum, Palestinian Working Woman Society for Development PWWSD) brachten uns sehr nahe an die Menschen in diesem Land.

Wir hatten auch Quartier in Nablus, Haifa und Tel Aviv, konnten Kontakte auffrischen und bei neuen Begegnungen lernen, was es bedeutet, hier zu leben. Die landschaftlichen Frühling-Impressionen dabei gaben uns symbolisch Zeichen der immer wieder aufkeimenden Hoffnung.

Ein Reisebericht wurde am 29.08.2018 in der alten Feuerwache in Köln präsentieren.

Die für Sept. 2020 geplante Reise nach Bethlehem kann leider nicht durchgeführt werden, was uns auch für die Menschen In Bethlehem außerordentlich leid tut, die kaum noch Geld verdienen können. Es fehlen die Gäste, die Besucher, sie können nicht zur Arbeit – besonders die Tagelöhner haben kein Einkommen mehr.

Im Oktober 2022 werden wir endlich wieder eine Reise in unsere Partnerstadt antreten und 12 Tage die Stadt, das Land und die Menschen besuchen. In sha Allah – so Gott will.

Bethlehem läuft im Köln Marathon

Zum Marathon in Köln am Sonntag 07.10.2018 hatten wir 12 Läufer aus Bethlehem zu Gast. Unsere Vereinsmitglieder haben sich vom Freitag bis Mittwoch um das Wohl der Läufer gekümmert und mit ihnen die Stadt erkundet. Ein Empfang im Rathaus war der offizielle Auftakt für alle insgesamt 42 Läufer aus allen Partnerstädten Köln.

Wir konnten mit „unseren“ 12 Läuferinnen und Läufern die Dächer des Domes zu Köln erkunden

und natürlich war auch schoppen für die jungen Menschen aus ganz Palästina im Alter von 20 bis 28 ein Anliegen. Und am Sonntag wurde es dann für die 3 Marathonläufer und 9 Halbmarathonläufer*innen ernst.

Hier ein kleiner „Liveticker“ von der Strecke:

Schon am Chlodwigplatz haben wir die 3 Marathonläufer über 42km gesichtet: Hamza, Murtada und Abdallah. Am Zieleinlauf am Dom haben Sie es in ihr Ziel geschafft. Dort herrschte bei heiterem Sonnenschein eine tolle Stimmung. Hamza lief in 3:52 h ins Ziel, Murtada (4:32h) und Abdallah (5.02h) folgten. Oh Mann, fünf Stunden am Stück laufen, welch eine Leistung !!!

Die Halbmarathonläufer*innen haben wir über die Köln-Marathon-App verfolgen können, wie sie die Strecke gemeistert haben. Sie brauchten Zwischen 1:31h (Husam) und 2:23 h (Catherin). Im Vergleich zu ihren Erfahrungen aus dem Bethlehem Marathon kam es für einige Läuferinnen zu Verwirrung. So haben sie sich doch in Köln verwundert gefragt, wann denn mal Läufer stehen bleiben oder einfach nur gehen, wie sie es aus Bethlehem kannten. Aber der Zieleinlauf mit großer Palästina-Fahne war allen eine Freude.

Am Dienstag waren einige Vereinsmitgliedern und die palästinensische Gruppe gemeinsam in der Altstadt zum Essen zusammengekommen. Es war ein gesprächiger Abend und es wurden Kontakte ausgetauscht mit dem Wunsch, in Bethlehem einen „Freundeskreis Köln“ ins Leben zu rufen.

Das wurde noch einmal in der Danksagung per Mail aus Bethlehem bekräftigt:

Dear Michael, Dear Claudia,  We would like to thank you for your great support for our runners to come to Cologne this year. We are really happy to see our collaboration growing. The runners had a great experience in Cologne and this could not be happening without your help.  We are happy to continue working together more closely for any future activities. Please connect me with your contact in Bethlehem who’s interested in opening Bethlehem-Cologne friends group.  Best Regards,  D.

Und das nächste Jahr stehen wir wieder gemeinsam zu „unseren“ Marathonis zur Seite!

Schon 2017 hatten wir mit dem Zivilen Friedensdienst (ZFD) Läufer aus Bethlehem zum Marathon in Köln am 1.10.2017 eingeladen, die dann auch ihre Arbeit bei Right to Movement vorstellten. Diese unabhängige Organisation, die sich für die Bewegungsfreiheit der Menschen einsetzt hat 2012 den Marathon in Bethlehem ins Leben gerufen.

Das Frauenhaus Mehwar

in Beit Sahour, benachbart zu Bethlehem, erfüllt eine einzigartige Aufgabe im Nahen Osten:
„MEHWAR“ heißt so viel wie HERZ oder KERN – in geschützter Athmosphäre können die Frauen hier – auch mit ihren Kindern – vor häuslicher und sexueller Gewalt entfliehen, ihre Wurzeln langsam wieder ausstrecken und neue Bodenhaftung gewinnen. Ihr Leben kann hier als zartes Pflänzchen behütet wieder aufkeimen.
Wir durften bei einem Besuch erfahren, daß diese Einrichtung (leider) einzigartig ist in dieser Gegend, wobei ‚Gegend‘ sehr großräumig zu verstehen ist. Frauen erleben gesellschaftlich geduldete Gewalt, meistens durch ihre Ehemänner und dies unter den Augen ihrer familiären Verwandtschaft, die oft mit Missachtung gegenüber der Frau reagieren, die als „ungehorsam“ und „rufschädigend“ abgestempelt wird. So um jeden Rückhalt gebracht, selbst bei der eigenen Mutter oder Schwester, gibt es hier im Mehwar erstmals wieder die Möglichkeit, die Angst abzulegen, Zuwendung und Hilfe zu erfahren und das Leben neu zu gestalten.
Hier stehen psychologische und soziale Beratung bereit, hier erfahren Sie, daß sie nicht alleine sind, daß ihr Leid geteilt wird. Allein der Anblick von Männern löst noch Ängste aus, daher sind Männer hier nicht zugelassen. Umso mehr Hochachtung gab es, als unsere Gruppe auch mit Männern dem Erfahrungsbericht lauschen durfte, der von M. nur durch einfühlsame Befragung durch die Leiterin zu entlocken war.

The Guidance and Training Center for the Child and Family

wurde 1994 in Bethlehem gegründet. Seither spielt es eine wichtige Rolle in der palästinensischen Gesellschaft mit dem Angebot, sich um die geistig-seelische Gesundheit der Kinder und ihrer Familien zu kümmern und ihnen spezielle pädagogische und therapeutische Hilfen anzubieten. Die schrecklichen Bedingungen, mit denen die Menschen unter der Besatzung leben, haben bei vielen Menschen schwere psychische Schäden und Traumatisierungen zur Folge. Dazu werden die Betroffenen von ihrer Umwelt schnell stigmatisiert. Deshalb kombinieren die Mitarbeiter des GTC ihre Arbeit mit einer Aufklärungskampagne. 
Das Schwergewicht des Zentrums liegt auf der Prävention. Das bedeutet, dass GTC eng mit Schulen und Universitäten, staatlichen und privaten Institutionen zusammenarbeitet. In Beratung und Therapie werden Frauen, Kinder, Einzelne und Familien in differenzierten Gruppe behandelt. Der Anfang war nicht einfach, weil hier ein Bereich angesprochen wurde, der in der palästinensischen Gesellschaft lange Zeit ein Tabu war. Mittlerweile kommen Patienten und Patientinnen aus ganz Palästina hierhin. Das Zentrum bietet u.a. folgende Kurse an:

  • individuelle Therapie
  • Familientherapie
  • Familien- und Paartherapie
  • Behandlung von Lernstörungen
  • Unterstützung und Supervision für spezielle Gruppen
  • Vorbereitung von Studenten und Studentinnen auf Studium und Beruf

Wir haben dieses Zentrum – zusammen mit der Stadt Köln – schon in den Anfängen unserer Vereinsgründung unterstützt und auf unseren Reisen immer wieder besucht. Jedes Mal haben sich die Mitglieder dieses Zentrums für uns Zeit genommen und die Mitreisenden ausführlich über die Arbeit und die Entwicklung der Einrichtung informiert. Die heutige Bürgermeisterin von Bethlehem, Ms. Vera Baboun, ist nach langer Zeit als Präsidentin des GTC heute immer noch Mitglied im Vorstand des Vereins.

Ghirass Cultural Center

Die Idee des Ghirass Cultural Center (GCC) entstand 1990 durch zwei Frauen: Ibtisam Alzoghayyer von der Bethlehem Arab Society for Rehabilitation’s (BASR) und der norwegischen Sozialarbeiterin Ingunn Tjore. Beide erlebten zusammen an der Basis, also auf der Straße, welche Notwendigkeit für die Kinder bestand, einen sicheren Ort zu schaffen. Und so nannten sie das Zentrum „Ghirass“, was „Setzling“, „junge Pflanze“ bedeutet.

Ein Grund zur Gründung war die sich verschlimmernde politische Situation unter israelischer Besatzung. Ausgangssperren, Schließung der Schulen, täglich zahlreiche Verhaftungen, Demütigungen und Tötungen haben die Kinder negativ beeinflusst. Sie spielten in vermüllten Straßen mit gefährlichen Objekten, die sich zu möglichen Konfrontationen mit Soldaten nutzen ließen und somit wiederum zu lebensbedrohlichen Situationen führten.

Der zweite Grund war ein Ausgleich zum palästinensischen Lehrplan mit seinem Schwerpunkt auf der akademischen Ausbildung. Es bestand also ein großer Bedarf, die schulische Bildung mit kreativen Angeboten zu ergänzen, um den körperlichen, künstlerischen und sozialen Fähigkeiten der Kinder gerecht zu werden und sie zu fördern und zu fordern.
Das Kursangebot umfasst Musik, Volkstanz, Theater, Fremdsprachen, Computertraining, Leseförderung sowie spezielle Unterstützung für Kinder mit Lernschwierigkeiten. Die Einrichtung steht allen Kindern mit oder ohne Behinderungen offen.

Auf unseren Reisen haben wir dieses lebendige Zentrum immer wieder besucht. Und immer wieder haben uns die Jungen und Mädchen großartige Tanzaufführungen geboten. Wir waren beeindruckt von der Ruhe, Freude und Begeisterung, die die Kinder und Jugendlichen dabei ausstrahlten. Die Tanzgruppe war bereits in England, Frankreich und Norwegen. Gerne würde sie auch nach Köln kommen. Ob wir das in die Tat umsetzen können?

Ma’an lil Hayat

Diese Werkstatt für geistig behinderte Menschen ab 16 Jahre liegt am Südhang unterhalb der Geburtskirche mit einem großartigen Blick über Bethlehem bis hin zum Herodion. In einem schönen Altbau werden die Behinderten mit Filzabeiten in verschiedenen Gruppen beschäftigt. Dabei entstehen Figuren und Krippen-Höhlen, Schafe und Hirten aus Schafwolle, die von den Schafzüchtern aus der Umgebung gekauft wird. Die Betreuten werden morgens von dem eigenen Bus zu Hause abgeholt – der Kontakt mit der Familie ist ein wichtiger Bestandteil der Betreuung.  Nach einer morgendlichen Gesprächsrunde werden die Gruppen verteilt und zu jeweils fünf bis acht wird dann mit Spaß und Energie die Wolle gefilzt: Die eine Gruppe walkt sie zu Höhlen, die andere zu Kugeln für die Schafe. In Formen gesteckte Wolle wird in der dritten Gruppe zu Friedenstauben gewalkt, die in der nächsten Gruppe mit grünem Blatt und Aufhänger bestückt werden. So wird zusammen gearbeitet, gegessen und wir haben erleben können, daß das alles mit sehr viel Freude miteinander geschieht.

Diese Werkstatt hat zugleich eine wichtige Funktion in der Gesellschaft, wo die geistig behinderten Familienmitglieder – egal welchen Alters – zu Hause bleiben und betreut werden müssen. So ist es für die Familie eine große Entlastung, tagsüber durch die Werkstatt-Betreuung neue Freiräume erleben zu dürfen. Das tut der Familie gut und die Betroffenen finden eine ansprechende Beschäftigung, sie fühlen sich der Gesellschaft zugehörig.
So unterstützen wir dieses Projekt gerne, besonders durch den Verkauf der Produkte dieser Werkstatt, z.B. auf dem Weihnachtsmarkt und zu weiteren Gelegenheiten.
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